Arnold Preuß übersetzt Theaterstücke aus dem Hochdeutschen ins Plattdeutsche. Wie der 71-Jährige zu dieser Arbeit kam, war eher dem Zufall geschuldet.

Wilhelmshaven – Wie gut, dass diese Großeltern so „unartig“ waren, als Arnold Preuß über viele Jahre bei ihnen aufwuchs. Seine Eltern hatten ausdrücklich festgelegt, dass Hochdeutsch mit dem Jungen gesprochen werden sollte. Was für ein Glück für den Enkel und die Nachwelt, dass Oma und Opa aber fast nur Platt sprachen, denn was wären die Niederdeutsche Bühne Wilhelmshaven beziehungsweise das „Theater am Meer“ ohne ihn als Schauspieler, Regisseur und Intendant. Und nicht zu vergessen als Übersetzer.

Wie der gelernte Verwaltungsbeamte dazu kam, ist eher dem Zufall geschuldet. Für die Niederdeutschen Tage 1989 wollte Wilhelmshaven als Gastgeber etwas Besonderes bieten: ein Stück von Bertolt Brecht auf Platt. „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ sollte es sein, doch die Brecht-Erben erteilen keine Aufführungsrechte für Amateurbühnen. Das Problem umschiffte man, indem die Landesbühne Niedersachsen Nord als Co-Partner auftrat und deren Chef Georg Immelmann die Regie übernahm.

Bild: Wolfgang Niemann

Mit Bertolt Brecht fing alles an

Blieb ein anderes, grundlegendes Problem: eine niederdeutsche Fassung gab es nicht. Da erklärte Arnold Preuß, der seit 1987 an der Landesbühne mitwirkte und für die Rolle des Matti vorgesehen war: „Dann mach ich das eben.“ So wurde aus Brechts Volksstück nun „De Herr Puntila un sien Knecht Matti“ und diese Inszenierung erlebte in der niederdeutschen Erstaufführung im Mai 1989 eine triumphale Festaufführung.

Preuß aber hatte das Übersetzen so viel Spaß gemacht, dass diesem Erfolg mittlerweile 62 weitere Stücke folgten. So manche dieser fast allesamt am Theater am Meer inszenierten niederdeutschen Erstaufführungen wurden dann auch von anderen Bühnen nachgespielt. Mal waren es Klassiker wie von Moliere, mal Klassiker des Boulevard wie „Allens ut de Reech“, im Ursprung von Ray Clooney. Große Honorare seien damit aber nicht verbunden, betont Preuß, denn für derartige Adaptionen gibt es nur wenige Prozente. Wichtig ist ihm vielmehr, nicht immer nur das zu spielen, was woanders schon gelaufen ist. Und er hat so seine Phasen, wenn er zum Beispiel die englischen Komödien mit dem schwarzen Humor übersetzt – und der Publikumserfolg gibt ihm recht.

Stets hat er Dutzende von Textbüchern daheim liegen, die auf eine Übersetzung warten. Da bringt er dann den neuen niederdeutschen Text parallel auf die Seite mit dem hochdeutschen Original und das wird von der Übersetzung quasi verdrängt. Als Hilfsmittel dient lediglich „Der kleine Sass“ wegen Rechtschreibung und Grammatik, denn Platt hat seine eigene Syntax.

Preuß übersetzt als Schauspieler

Manche Sätze müsse er ganz neu formulieren, damit sie authentisch wirken. Vor allem aber übersetzt er als Schauspieler: „Der Text muss durch den Mund gehen.“ Das trifft im Übrigen auch für die schon bekannten niederdeutschen Stücke zu, die er für das in Wilhelmshaven verwendete Nordoldenburgische Platt anpasst. Wie zuletzt für „Een Week, keen Dag wieter“ vom französischen Komödienschreiber Clement Michel, das am 2. September seine Premiere im Theater am Meer feiern wird. Dessen niederdeutsche Fassung von Markus Wiese war Arnold Preuß mit seinen Erfahrungen als Schauspieler bei mehr als 100 Stücken nicht „rund“ genug“.

Im Übrigen verrät er, dass er die Stücke stets danach aussucht, ob er die passenden Akteure dafür zur Verfügung hat. Weshalb er sich auch auf den Januar 2024 freut, wenn das vor Jahren übersetzte „Crazy“ von Frank Pinkus endlich auf die Bühne kommt. Für diese selten gespielte Komödie unter dem niederdeutschen Titel „Appeldwatsch“ braucht es fünf männliche Spieler, die allesamt bekloppt sind, dies aber nicht wissen. Ob der bald 72-jährige Arnold Preuß bei aller ungebrochenen Begeisterungsfähigkeit denn auch noch ein Traumstück vor sich herschiebt? „Ja, Shakespeares King Lear – aber dafür bin ich noch nicht alt genug!“

aus: NWZ-Online/ Wolfgang Niemann