Nordenhamer Theatermacher Jürgen Reiners hört nach 62 Inszenierungen auf – 25 Jahre als Regisseur unterwegs

Jürgen Reiners ist Theatermann durch und durch und doch soll nun nach 62 Inszenierungen Schluss sein. Was waren die schönsten Momente und warum soll es den Theatermacher Reinas künftig nicht mehr geben? Der Regisseur blickt zurück.

Wenn Jürgen Reiners spricht, hat man kaum eine Chance, ihm nicht zuzuhören. Zu durchdringend ist die Stimme des 66-jährigen, zu markant sein schmeichelnd weicher, bei Bedarf aber auch durch dringend dröhnender Bass. 
Diese Stimme, sie war ein entscheidendes Werkzeug in einem Metier, für das Jürgen Reiners ein Leben lang gebrannt hat: das Theater. Doch nach 62 Inszenierungen an Bühnen von Nordenham bis Oberammergau soll damit nun Schluss sein. Der Regisseur hat sich selbst Ruhestand ins Rollenbuch geschrieben. Der Theatermann Reiners- es wird dir nicht mehr geben. „Ich gehe mit einem Lächeln“, sagt der Blexer.

Reiners stammt aus Syke. Mit 17 Jahren stand er im dortigen Laientheater erstmals auf der Bühne – ein Ereignis, das sein weiteres Leben bestimmen sollte.  Er absolvierte eine Tischlerlehre.  Doch seine eigentliche Welt war längst das Theater. Mit 27 Jahren fasste er den Entschluss, seine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Er bewirbt sich an der Schauspielschule des Waldau-Theaters in Bremen, wurde angenommen, durchlief die dreijährige Ausbildung, an deren Ende er sich offiziell Schauspieler am Theater nennen durfte. Jürgen Reiners blieb beim Waldau, spielte dort, war später als Regieassistent tätig.

Theater-Star Ingo Sax öffnete ihm die Tür ins Regiefach 

Die Begründung dafür, dass er letztlich von Anfang an das Ziel hatte, zu inszenieren, ist typisch Reiners: „Viele Regisseure hatten einfach keine Ideen, das hat mich geärgert“, sagt der 66-jährige. Er wollte es besser machen. Ingo Sax war der Mann, der ihm das ermöglichte. Den Theaterautor hatte Reiners während einer Reha in Soltau kennengelernt Sax, ein Star in der Szene, lut den jungen Kollegen zu einem Regielehrgang ein, den er demnächst leiten würde. Jürgen Reiners nahm die Chance war. „So ging die Reise los“, sagt er heute.

Reiners und der Mann, ohne den seine weitere Karriere wohl anders verlaufen wäre, wurden Freunde. Bei einem Glas Rotwein konnten sie nächtelang über das Theater philosophieren. 2019 starb Ingo Sax. Wenn Jürgen Reiners das erzählt, mischt sich Trauer in seine Stimme. 
Den ersten Einsatz in der Rolle des Regisseurs hatte Jürgen Reiners 1997 in Wilhelmshaven. Dort inszenierte er das Stück „Witte Wyandotten“, eine hintergründige Komödie auf platt. Unter den vielen Stücke, die folgen sollten, waren auch hochdeutsch. Doch lieber waren Jürgen Reiners immer die plattdeutschen Stücke. „Ich bin ein absoluter plattdeutsch-Fan“, sagt er.  Reiners hat viele Stücke für die Plattdüütschen in Nordenham inszeniert, einige auch für das Theater Fatale. Er war als Regisseur an den niederdeutschen Bühnen in Brake und Bremerhaven tätig. Auch Bühnen im Landkreis Cuxhaven haben ihn gerne gebucht. Und sogar im fernen Oberammergau hat Jürgen Reiners mehrfach Schauspielerin und Schauspieler in Szene gesetzt; der Kontakt war über einen Zufall zu Stande gekommen. Reiners liebt Komödien, er kann aber auch ernstes Schauspiel, wie er unter anderem mit „Schattentieden“ in Brake bewiesen hat. In dem Stück geht es um Alkoholsucht und Gewalt.  Zu den Highlights seiner Karriere zählt er nicht zuletzt „Landung bi Nevel“, ein Stück dass er 2016 mit den Plattdüütschen“ in Nordenham inszenierte und das aus der Feder von Horst Pillau stammt. Mit dem Berliner Dramatiker und Autor, der vergangenes Jahr verstarb, war er ebenfalls gut befreundet. „Horst kam immer zu den Premieren, wenn ich Stücke von ihm inszenierte“, erzählt Jürgen Reiners, der seit 2018 fest im Nordenhamer Ortsteil Blexen lebt.

Aus einem Haufen Papier wird ein Theaterstück 

Der schönste Moment ist für Jürgen Reiners immer der Beginn einer Probenphase. „Du hast ein Haufen Papier, sollst damit ein Stück auf die Bühne bringen, führst die Darsteller in ihre Rollen ein. Das ist ein ungeheurer spannender Prozess.“ Und was ist der schwierigste Moment?  Jürgen Reiners nennt die Premiere den Augenblick, in dem die Arbeit des Regisseurs getan ist, in dem er Abschied nehmen muss und sich der Vorhang für ihn schließt, während er für das Publikum gerade aufgeht.   

Nun soll er für immer geschlossen bleiben, der Vorhang. Corona hat vieles kaputt gemacht. Und die Szene, sagt Jürgen Reiners, habe sich verändert. Bühnenleiter finden kaum noch Leute, um Stücke zu besetzen, müssen daher Kompromisse eingehen.  Jürgen Reiners möchte nicht, dass er schleichend die Lust verliert. Deshalb macht er lieber einen konsequenten Schnitt. So ganz?  Fast so ganz. Einer Bühne wird Jürgen Reiners im Ruhestand erhalten bleiben, nämlich der Speeldeel Langendammermoor im Cuxland. Die Gruppe sei äußerst unkompliziert und mache es ihm leicht, sagt er. Jürgen Reiners: „Die werde ich mir einmal im Jahr noch gönnen, als Hobby.“            

Quelle: Detlef Glückselig: Kreiszeitung Wesermarsch